ER sah ihn an

    Im Markus-Evangelium (10, 46-52) ist die Heilung des blinden Bartimäus die letzte Wunderheilung Jesu auf dem Weg nach Jerusalem vor seiner Passion und Auferstehung. – „Herr, ich möchte wieder sehen können!“ Was sonst kann ein Blinder in der ihn endlos umgebenden Nacht sich wünschen! Jesus antwortet ihm: „Geh, dein Glaube hat dir geholfen.“ Und der, der sogleich sehen konnte, folgte ihm auf dem Weg.

    Der eigentliche Sinn dieser Episode liegt nicht in der Antwort auf die Frage, ob wir eine solche Wunderheilung noch in unserer Wirklichkeit unterbringen können, vielmehr darin, dass wir das Jenseitige im Diesseitigen „verstehen“ und entsprechend handeln, d. h., vertrauen in die (auf-)helfenden und heilenden Gaben des Himmels. Die, die dabei sind, sehen, wie „die Dinge“ äußerlich erscheinen. Der Blinde, der das Geheimnis sieht, mehr zu hoffen und zu vertrauen wagt und nicht abgewiesen wird, ist der eigentlich Sehende.

    Schon in der altchristlichen und byzantinischen Kunst wurden die Heilungswunder an Blinden immer auch metaphorisch verstanden und entsprechend abgebildet: Christus bringt das Licht in unsere Welt durch die befreiende Kraft seines Evangeliums. Erleuchtet und sehend wird der „innere Mensch“ – und damit heil an Leib und Seele.

Der blinde Mann von Jericho,
der kann nun wieder sehn.
Der Lahme aus Jerusalem,
der kann nun wieder gehn.

ER sah sie an mit seinem Blick
und nahm sie bei der Hand.
ER sprach dabei ein neues Wort,
wie keiner sprach im Land.

(nach Wilhelm Willms; bearbeitet)

Pater Hugon Superson OFM
Manfred Reichgeld

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Texte zur Rubrik "Einen Augenblick bitte..."

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