Wer ohne Sünde ist, ...
Im 8. Kapitel des Johannes-Evangeliums wird
erzählt, dass die Schriftgelehrten und Pharisäer
Jesus auf die Probe stellen wollten. Sie sagten
zu ihm: „Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch
auf frischer Tat ertappt. Mose hat uns im Gesetz
vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Nun,
was sagst du? (Joh 8,1-11). „Jesus aber bückte
sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde.“
Dieser Satz hat in Kommentaren zum Text
unterschiedliche Erklärungen gefunden: Wollte
Jesus wie in Lk 12,14 „sagen“: „Wer hat mich zum
Richter oder Schlichter bei euch gemacht?“ Sucht
er nur Zeit zu gewissen, ohne den Blicken der
anderen ausgesetzt zu sein? Schreibt Jesus auf
die Erde das neue Gesetz? Mystifiziert er die
Situation, um die Spannung zu erhöhen und sein
Wort dann als Befreiung hineingeben zu können?
Wir wissen es nicht.
„Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er
sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne
Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf
sie... Als sie seine Antwort gehört hatten, ging
einer nach dem anderen fort...“
In Joh 8,1-11 wird in wunderbarer Weise die
ganze Person Jesu sichtbar: sein Anliegen und
sein Anspruch ebenso wie die Art seines
Auftretens und Redens.
Pater Dr. Roger Cicholaz OFM |
|